Eltern-Rolle, Kinder-Rolle, Vigor Calma

Eltern-Rolle, Kinder-Rolle

 

Es geht null um Schuldzuweisung.

Es ist, was es ist.

Wir leben in Gesellschaften, in denen verletzte, kleine Kinder „erwachsen“ spielen. Statt die Verletzungen zu heilen, wird Schuld verbreitet. Frauen gegen Männer, Männer gegen Frauen. Tja... Beide Parteien in diesem Krieg sind auf dem Holzweg. Sie suchen die Antworten außerhalb von sich, und befinden sich deshalb in der Illusion und im Leid.

 

Erst gilt es anzunehmen, dass wir uns „erwachsen“ nennen dürfen, wenn wir wahre Könige und Königinnen geworden sind. Eigenständige Souveräne, die auf eigenen Beinen selbstbewusst über diese Erde schreiten. Würdevoll. Die das Beste der Eltern in Ehre halten, und die Verletzungen der Eltern in uns geheilt haben. Wie viel liebevoller wäre diese Welt, wenn Zweibeiner so agieren würden, statt aus einer Laune heraus Kinder in die Welt zu rufen, als wären sie lebendige Spielzeuge, um von den eigenen Aufgaben abzulenken. Oder die ungefragten „Retter“ für alles, was noch nicht geklärt wurde. Was für ein fataler Irrtum! Wie könnte ein kleines Kind der Retter sein? Welche unglaubliche Aufgabe, wird da einem Kind aufgedrückt, ohne es jemals darum gebeten oder es gefragt zu haben...

 

Meine Eltern waren gute Eltern. Ich hatte Glück. Aber sie hatten keine Ahnung, was sie taten, als sie mich in die Welt riefen. Sie befolgten artig, was in jenen Zeiten von braven Sklaven gefordert war. Ob Reich oder Arm, überwiegend rufen Sklaven neue Sklaven in ein Gefängnis. Wer will diesem Bild schon ins Auge schauen? Wie viel angenehmer ist da die Vermeidungsstrategie. Sich mit esoterisch spirituellem Putzi Wutzi zu schmücken, sich eitel in der eigenen Liebesfähigkeit zu suhlen, um sich bloß die eigenen Wunden nicht eingestehen zu müssen. Wenn's um Elternschaft geht, sind  alle plötzlich die absoluten Liebesexperten. Bis die herangewachsenen Kinder die Wahrheit aussprechen. Dass das mit der Liebe so doll doch nicht war...

 

Nie war es deutlicher als heute. Wir leben in einer Ablenkungs-Weglauf-Gesellschaft. Weil alle es tun, scheint es legitim. Kein Feigling wird einen anderen Feigling anklagen. Kein Lügner wird einen anderen Lügner anklagen. Das ist der große, trügerische Schlaf, in dem sich die Rasse der Zweibeiner befindet. Das ist, weshalb Buddha davon sprach, wir wüssten aufwachen. Es wäre so unvorstellbar einfach:

 

Aufhören einander anzuklagen.

Aufhören unsere Eltern anzuklagen, unserer Partner, die „Männer“, die „Frauen“.

Uns eingestehen, dass wir verletzt wurden, und dass wir verletzlich sind. Anfangen, darüber zu sprechen.

Nicht Schuld rum zu wälzen, wer uns verletzt hat, sondern wie es sich für uns anfühlt, verletzt zu sein.

 

Sofern es mich betrifft: es fühlt sich "gut" an. Ja, es fühlt sich gut an, zu wissen, dass ich verletzt wurde, und verletzlich bin. Der Schmerz hält mich wach. Alles ist besser, als eine unverletzliche, erfolgreiche Superkampfmaschine ohne Gefühle zu sein. Alles ist besser, als die Lüge weiter zu leben, und das Spiel unreflektiert fortzusetzen. Ich habe keine Lust mir den Anstrich von Erfolg, Ruhm, oder Macht zu geben, um anderen vorzugaukeln, ich wäre unverletzlich und hätte keine Wunden, und „hätte es geschafft“ wonach alle streben.

Ich strebe nicht wonach alle streben!

Ich habe Fehler, ich habe Zweifel, ich scheitere praktisch ständig. Ich wurde verletzt, habe verletzt, und bin verletzlich. Hier beginnt die Heilung. Hier beginnt die Menschwerdung. Hier endet die Spirale des Leides.

 

Das Kontinuum ist unterbrochen.

 

(2017)

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