Sprache

 

Sprache ist ein System auf das sich Zweibeiner geeinigt haben, um Austausch zu ermöglichen, und damit wurde auch die Illusion von Verständnis erzeugt. Wirklicher Austausch wäre Telepathie, die bislang nicht unterrichtet und überwiegend als Fantasy gehandelt wird. Daher üben sich weisere Herzen in Empathie. Eine Übung, sich in andere Herzen hinein zu fühlen, die eine 50/50 Chance in sich birgt, eine ungefähre Ahnung eines anderen Herzens zu erfahren.

 

Herkömmliche Sprache wird so früh installiert und aktiviert, dass kaum jemand sich bewusst macht, dass Worte nicht die Phänomene sind, die sie betiteln. Oder dass die Umschreibungen von Phänomenen individuell unterschiedlich interpretiert werden.

 

Sprache ist ein assoziatives Werkzeug. Kein präzises Laserschwert, mit dem sich punktgenau Wahrheit von Illusion trennen ließe. Im besten Fall inspirieren Worte. Regen an, eigene Erfahrungen und Einsichten zu finden. Was überwiegend außerhalb von Sprache stattfindet. Anders als im System der Zahlen, ist ein Wort für verschiedene Herzen nicht mit den gleichen, manchmal nicht mal mit ähnlichen Bedeutungen belegt. Je nach kultureller Prägung, wird auch ein Buchstabe mit einem anderen Klang belegt. Je nach Kultur, wird ein Klang mit anderen Symbolen assoziiert.

 

Dennoch wollen Herzen an „Verstehen“ und „Kommunikation“ glauben, sobald sie Worte raus blubbern lassen.

 

Damit ansatzweise eine ungefähre Ahnung von Hauch von Annäherung geschehen kann, wurden mit Sprache nicht nur Worte und Sätze geschaffen, sondern auch Regeln und Anleitungen, wie sie sinnvoll oder ordentlich benutzt werden sollten. Diese hübschen Ideen stoßen dann fast augenblicklich an Grenzen. Wenn Sprache ein System freier Assoziationen ist, wie sollte es dann hilfreich sein, den Wortfluss (energetische Dynamik) in Kanäle und Schleusen zu leiten? Dadurch werden Sätze zu Floskeln. Verwandeln sich in sinn- und seelenlose Kalendersprüche. Damit Worte ein Herz erreichen können, wollen sie beseelt und beherzt sein. Das wird im Moment der Adaption untergraben. Ein Zitat das nur zitiert wird, ist so kraftlos wie ein Schaumstoffhammer. Wird ein Zitat oft genug zitiert, wird es zu einer kollektiven Illusion. Das mag sich gut anfühlen, wird aber erst lebendig, wenn das Zitat gelebt wird. Und mal ehrlich, liebe Lesewesen, wer hat dafür denn die Zeit? Welches Herz ist denn nicht ausreichend damit beschäftigt, die eigenen Fantasie-Gedanken-Worte in Wahrheit umzuwandeln?

 

Worte tragen auch in sich einen Haken, auf den wir nicht aufmerksam gemacht wurden,  als uns Worte beigebracht wurden. Wer hat gelernt, dass Worte und Symbole der Unterscheidung, mit äußerster Vorsicht genutzt werden müssten. Wie in der Sesamstraße gelernt, freuen sich Herzen, wenn sie Unterschiede kennen und erkennen. „Mami, Papi, schaut wie schlau ich bin! Ich weiß jetzt was oben und unten ist!“ Allgemein mit „Wissen“ assoziiert. Wissen mit Schlauheit. Dass Schlauheit tatsächlich Eitelkeit ist, wird gerne unter'n Tisch gefegt. (Springt das hier schreibende Herz gerade gerade schlau in die Eitelkeit..? Entscheide frei selbst, liebes Lesewesen.)

 

Dumm bloß, dass jede Benennung alles ausgrenzt, was nicht benannt wird. Wer „ich“ sagt, sagt nicht „wir“. „Wer „du“ sagt, macht sich schnell ein weiches Bettchen aus Vorurteilen. Wer „Frau“ sagt, grenzt jedes andere Herz aus. Wer „Mann“ sagt, grenzt jedes andere Herz aus. Im Namen aasbachuralter Traditionen, voller unangebrachtem Stolz und planetenschwerem Leid.

 

Worte wie „mein“ und „dein“ sollten Besitzansprüche klären, und schon im Kindergarten lehren, zu vermeiden, dass irgendwer auf die Idee käme, das „meins“ auch „deines“ sei. In einer nicht-kommunistischen Gesellschaft, wo keine Ideen von Gemein-Gut üblich waren und sind, half das manche Streiterei zu vermeiden. Problematisch wurde es erst später, wenn die geprägten Herzen anfingen, sich mit den Worten „mein“ und „dein“ zu identifizieren, und dadurch die Streitereien gefüttert wurden. Als Herzen begannen zu glauben, dass sie etwas ihr eigen nennen könnten. Wer die Vergänglichkeit aller Phänomene erkennt, spürt, dass alles nur geliehen ist. Inklusive des eigenen Körpers. Genau diese einfache Wahrheit wird durch die Worte „mein“ und „dein“ ständig untergraben. Es veranlasst Herzen in Angst zu leben, was alles weggenommen und geraubt werden könnte. Zäune, Mauern, und Schutzsysteme werden gebaut, nur um „mein“ zu bewahren. Obwohl es ein großer Segen wäre, wenn manches verkrustete Herz um alles Hab und Gut beraubt würde.

 

Weil die Sprachverwirrung, die Begrifflichkeiten inne wohnt, noch nicht ausreicht, haben Zweibeiner die elektronische Kommunikation eingeführt. Ob Telefon, E-Mail, Chat, Video-Chat, Messenger – da findet Datenreduktion statt, die das frei assoziative Spiel „Sprache“ um essentiell nötige Details beraubt. Da helfen auch Emojis wenig. Worte, vor allem gesprochene Worte real austauschender Herzen, haben Subbotschaften. Signale, die mit minimalen Modulationen im Klang, Gesten, und (Mikro)Mimik transportiert werden. Lautstärke ist ein Signal. Dazu kommen Informationen, die nicht direkt mit der Sprache zu tun haben. Duft. Fühlen. Licht. Ambiente. Ja, sogar das Wetter ist eine Subinfo, die ein Gespräch beeinflusst.

 

Nicht im Internet. Da wird heiter drauf los gebabbelt – obwohl inzwischen alle Mitspieler wissen dürften, dass äußerste Vorsicht angesagt wäre.

 

Was wie Dialoge erscheint, ist oft nichts als Leserbriefe, die aufeinander treffen. Empfindlichkeiten, Befindlichkeiten, Werte, Bewertungen, und vor allem Identifikation mit diesen Zuständen, purzeln chaotisch übereinander. Man kennt sich nicht, und hat auch selten die Muße oder Zeit jemand kennen zu lernen. Minimale Abweichungen von Erwartungen führen zu Abwehr oder Konflikt. Mancher Konflikt rutscht in Hass und Feindschaft. Obwohl hinter gepixelter Schrift Herzen stecken, die sich womöglich im realen Leben wunderbar austauschen könnten.

 

Inmitten aller WortBildKlang-Flut, taucht öfter und öfter die Frage auf:

 

Ist das, was Herz will?

 

Das Herz lebt vor, was es will. Es schweigt oft, und kümmert sich lieber um die essenziellen Erfahrungen. Die erstaunlich oft weit ab von Worten zu finden sind. Mitunter nicht mal mit Handlungen oder Bewegungen verbunden sind, weil das Herz in sich Bewegung genug ist.

 

 

(Worte, die durch die momentane Vigor Calma Lebenseinheit geflossen sind, im November 2019, europäische Zeitrechnungsillusion.)

 




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