Sozialer Bullshit     

 

Je mehr Zweibeiner etwas machen, desto sicherer ist es nicht für mich gedacht.  Ich habe eine natürlich Abneigung, gegen Gruppenzwänge und -phänomene jeder Art.  Sobald irgendwer das große „WIR“ aus der Hose holt, flüchte ich eiligst in Sicherheitsabstand, ehe ich vollgespritzt werde.

 

Es war selten ein Zeichen von Intelligenz, sich als Teil einer Gruppe zu sehen. Gruppen haben die unangenehme Begleiterscheinung, dass sie ganz schnell Mitglieder anziehen, deren Beweggründe zweifelhaft sind. Was jedoch noch schwerer wiegt: all diese Gruppenideen, werfen mit Worten um sich, und bauen daraus Gefängnisse. Sie tun das mit der putzigen Absicht, „die Richtigen“ zusammenzuführen und zusammenzufügen. Ohne zu Bedenken, dass Worte zu Regeln werden, und Regeln zu Grenzen.

 

Genau wie alles andere im Leben, ist eine Gruppe ein zeitlich begrenztes Phänomen. Genau wie überall sonst, wollen Zweibeiner Dinge für die Ewigkeit daraus machen – und erzeugen damit den Untergang vor dem sie sich schützen wollen. Nichts wäre dagegen einzuwenden, wenn Leute für einen Moment zusammenklumpen, und sich für einen Moment in der imaginären Masse „Gleichgesinnter“ bequem wohl fühlen. Daraus eine Institution zu machen, kann nur direkt in die Illusion führen.

 

Egal wo ich hinsehe – überall wollen Zweibeiner diese Gruppenillusionen aufrecht erhalten. Es ist egal welcher Name darauf steht. Religion, Staat, Familie, Szene, Tierliebe, Ökologie, Yoga, Esoterik, Magie, Veganismus... Letztlich führt es zu einer Art kollektiver Verblödung. Besonders schön ist das am Beispiel Autos zu sehen. Kaum jemand fragt sich, ob Autos nötig wären. „Brauche ich wirklich ein Auto?“ Es wurde daraus ein kollektiver Mythos von Freiheit gestrickt, dem sich Teenager überall auf der Welt anpassen. Wer ein Auto hat, findet es ungeheuer praktisch – ohne zu überlegen, ob es wirklich so praktisch ist. Welche Autobesitzer fragen sich jemals, ob die Strecken, die sie zurücklegen, womöglich erst durch die Autos erzeugt werden. Falls Du, wertes Lesewesen, nicht weißt, was ich meine:

Kennst Du das Phänomen, dass Du mehr Geld ausgibst, wenn du mehr Geld hast?

Genau so verhält es sich mit den meisten Phänomenen.

Kaum jemand geht an den Ursprung des Phänomens, und fragt:

„Was mache ich mit einem Auto, wenn ich es habe?“

Und noch weniger Zweibeiner fragen sich:

„Was macht das Auto mit mir, wenn es mich hat?“

 

Wer hat in der Schule keine edlen Ideen von „sozialem Verhalten“ eingetrichtert bekommen. Mit einem entscheidenden Haken. Dass die Idee des edlen Gebens, Schenkens, und Helfens, meist Zugunsten von Angeberei, Neid, Angst, Sicherheit, und kollektiver Bequemlichkeit geopfert wurde.

Ich hab es schon öfter geschrieben: Ich hätte oft gerne „dazu gehört“. Die Gruppe zeigt sich für Außenstehende gern verlockend und erstrebenswert. Aber ich kann nicht. Weil der Gestank des Blödsinns mich auf Abstand hält. Es ist einfach zu durchschauen. Irgendwer macht aus etwas einen Trend, und dann fangen bequeme Zweibeiner an, sich damit zu identifizieren. Ich kann das nicht. Ich bewege mich aus mir heraus in bestimmte Bereiche des Lebens. Versuche meine eigene Wahrheit zu leben, und alles abzulegen, was irgendwer in mich gelegt hatte. Wie man zu malen hat, wie man zu schreiben hat, wie man zu denken hat, wie man zu fühlen hat, wie man auszusehen hat, welche Dinge man haben soll, dass man ein Haustier braucht, und, und, und... Die Aufzählung könnte ewig weitergehen.

 

All das sind Fallen. All das sind sichere Wege, sich inmitten begrenzter Systeme sicher zu fühlen, aus Angst „nicht dazugehören zu können“. Kaum etwas fürchten Zweibeiner mehr, als „nicht dazu zu gehören“. Nicht nur, weil sie sich einen Kopf machen, was andere denken könnten, oder weil es weh tut, abgelehnt zu werden. Viel mehr, weil da sonst nichts zu sein scheint, als die Angebote der Sicherheit, die eine Gruppe angeblich bietet.

 

Als Außenseiter und Ausgestoßener kann ich darüber nur lachen. Es lebt sich famos, wenn man sich von den Erwartungen der Gruppe gelöst hat. Plötzlich wird deutlich, dass all die Begrenzungen, mit denen man sich das Leben anstrengend gestaltet hat, nur im Kopf bestehen. Dass das soziale Tabu Teil des sozialen Systems ist, . Ein kollektiver Vertrag, den alle Mitglieder einer Gruppe zu unterschreiben haben. Was da heißt:

 

„Erhebe nicht deine Stimme gegen die Gruppe oder die Regeln der Gruppe“.

Die Drohung dahinter:

„Wer es tut, wird ausgestoßen“.

 

Ja, es ist schwer geworden, in Zeiten angeblicher oder realer (?) Überbevölkerung noch Wege zu finden, die nicht total breitgetreten worden sind. Einen eigenen Weg zu gehen. Sogar die Einfachheit wird kurzerhand zum Trend erhoben, ein neuer Name drauf geklebt, und schon werden magnetisch Mitläufer angezogen, die keine Eier haben, und nicht den Mut, ihr Ding zu machen, ohne einen trendy Namen darauf zu kleben. Am Ende bleibt einem Individuum nur noch das Schweigen, weil man sich allein durch Worte mit Gruppenidiotie verbinden kann – obwohl einen mit den Gruppen nichts verbindet. Mit zunehmender Reife, kann ich eigentlich nur noch sagen, was ich alles nicht bin, weil sogar der Titel des Ausgestoßenen sich in müffelnde Eitelkeit verwandeln wird.

 

Liebes Lesewesen, es ist egal, ob Du mit mir einer Meinung bist, oder mich hasst, oder auslachen willst. Ich befinde mich in einem interessanten Experiment, in dem zunehmend Auflösung, Scheitern, und Loslassen zu meinen erstrebenswerten Spielen geworden sind. Es tut gut, wenn weniger nach mir greift, und ich weniger greifen will. Es tut gut, aus den Zwängen des Zweibeiner-Kollektivs auszusteigen, und herauszufinden, wie weit ich es noch treiben kann. Und sollte Dich auch nur ein Wort dieser Zeilen berührt haben – dann frag Dich doch mal, nur so zum Spaß, was von dem, was Du glaubst, wirklich DU bist...

Welchen Gruppensystem fühlst Du Dich zughörig, was hast Du davon, und was zahlst Du dafür?