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Zen, Illusion, und Sex

 

Als Zen-Stümper darf man jede Gelegenheit nutzen sich zum Narren zu machen. Darum werde ich nicht müde, meine morgendlichen Hirnblähungen in die Welt zu pupsen. Zu unserer Unterhaltung. Lesen natürlich wie immer auf eigene Gefahr. Der Zenstümper weigert sich weiterhin jegliche Verantwortung für seine Narreteien zu übernehmen, dafür, was diese Worte bei dir anrichten, oder sich auf zeitaufwändige Diskussionen einzulassen.

 

 

 

Seit ich als naiver, blauäugiger Zwanzigjähriger ein paar Monate in dem japanisch, minimalistischen Zimmer eines praktizierenden Zenschülers gewohnt habe, bin ich mit dem Zen-Geist infiziert. Von allem, was mir in meinem Leben an Glaubenskonstrukten begegnet ist, blieb die Idee des Zen am Faszinierendsten. Da es Anleitungen zur Auflösung aller Konstrukte anbot. Sogar der Auflösung des Zen-Konstruktes selbst. Weil es Anleitungen zu Einfachheit gab, und kaum sonst wer über das Wunder der Stille sprach.

 

Zen erklärte kurzerhand alles zur Illusion, und empfahl dringend, sich darin zu üben, die Auflösung aller Illusionen voran zu treiben. Zusammengefasst lässt es sich auf ein paar einfache Regeln reduzieren.

 

Mache, was du machst 100%.

Mache was zu machen ist – und verfalle nicht in die Illusion der Geschäftigkeit.

Es gibt einen Unterschied zwischen Handlungen, die aus dem Leben erwachsen, und Geschäftigkeit, die das Ego schafft, um abgelenkt und im Schlaf zu bleiben.

Sei aufmerksam und achtsam – denn bist du es nicht, schleicht sich die Illusion in dein Sein.

Konzentriere dich auf deinen Atem – und lasse dich nicht von Phänomen in die Irre führen.

 

In all dem verstand ich nie, warum ausgerechnet Sex, nicht zu Handlungen gehören sollte, die aus dem Leben erwuchsen. Es erschien mir wie ein Fehler im Zen-Gedanken, da wir alle mit Genussteilen geboren wurden, und sie eben nicht nur zur Fortpflanzung dienten, sondern auch süße Lust schenkten. Und Lust ist Energie, und Energie ist wertungsfrei.

 

Ob man Zen praktiziert oder nicht: das Leben lehrt sich selbst, und wird nicht müde allen Lebewesen Denkzettel zuzuschieben, wenn man die Essenz des Lebens verfälschen will. Gerade die Zweibeiner sind große Meister darin, das Leben zu verfälschen. Das ahnte ich bereits, als ich in dem Zen-Zimmer all die schlauen Bücher über Zen-Weisheit verschlungen hatte. Nur… Warum war Sex ausgeblendet? Warum sahen die Zenmeister nicht den tantrischen Weg, der mir so viel lebensbejahender schien? Warum nicht Sex in die Zen-Lehre integrieren?

 

Nach unzählbaren Lektionen, habe ich eine Antwort gefunden. Ja, Sex ist natürlich. Lust ist natürlich. Was Zweibeiner egogetrieben daraus machen, ist mit Irrtümern und Illusionen behaftet.

 

Nach Jahren des Übens und Beobachtens, sehe ich, dass kaum jemand Lust um der Lust willen feiern kann. Scheinbar ist das dem Ego „nicht genug“. Egos wollen nicht einfach nur Ekstase und Eintauchen in göttliche Lust. Sie wollen Märchen erfüllt wissen. Sie schaffen es nicht, Prägungen und Fantasien aus Kindertagen aus dem Bett raus zu halten. Mit dem Ergebnis, dass die, die sich ins Lustspiel stürzen, einen hohen Preis zu zahlen haben. Dieser Preis nennt sich „Verstrickung“. Ob man sich in Romantik, Beziehung, Ehe, Routine, Dramen, oder Abhängigkeit verstrickt, richtet sich nur nach individuellen Geschmacksrichtungen.

 

Wer sich in das Spiel begibt, nimmt meist ein großes Paket Hoffnung mit. Mit ins Bett. Je schöner die sexuelle, befreiende Ekstase ist, desto tiefer scheinen die Hoffnungen zu greifen. „Endlich“, scheinen die Liebenden dann zu denken. „Endlich jemand, mit der/dem ich mich geborgen fühlen darf. Jemand, mit der/dem ich Sicherheit finde. Endlich jemand, wo ich ich sein darf. Endlich jemand, wo ich Heilung erfahren darf.“

 

Es reicht einer dieser Gedanken, und die Drama-Lawine wird ausgelöst. Meist durch einen winzig kleinen Kieselstein des Irrtums, der eine Lawine aus Illusionen erzeugt, und in Dramen mündet, die alle, die sich auf das Spiel jemals eingelassen haben, nur zu gut kennen dürften.

  

Nachdem ich den Mechanismus durchschaut hatte, verwendete ich viel Energie darauf, diese Dramen vermeiden zu wollen. Je mehr ich das versuchte, desto größer wurden die Dramen. Ich beschloss die Dramen und den Schmerz anzunehmen, was auch nicht zu Vereinfachung führte.

 

Bis irgendwann eine Ahnung aufkeimte, dass die Gleichung nicht aufgehen kann. Dass da etwas im Weg steht, was sich nicht aus dem Weg schaffen ließ. Die Sprache. Damit verbunden, die unendliche Geschichte, die täglich, stündlich, jede Sekunde in unseren Gehirnen erzählt wird.

 

Es wäre hilfreich, wenn wir geistig und emotional nackt aufeinander zugehen könnten. Neutrale Beobachter wundervoll ekstatischer Phänomene. Hier ist es an der Zeit inne zu halten und zu fragen:

 

„Kann ich das?“

 

Im Zen gibt es das Gleichnis, dass man erst zum leeren Gefäß werden muss, um das Leben aufnehmen zu können. Praktisch gesprochen heißt das: keinen Müll ansammeln. Ob äußere Materie, oder innerliches Zustopfen mit Eindrücken – Beides führt dazu, dass wir nicht aufnehmen können. Schön zu sehen am Beispiel von Zeit. Gehörst du auch zu den Leuten, die ihr Leben so mit Sensationen vollgepackt haben, dass für Sex nur noch „der Rest“ übrig bleibt? Paar Minuten, am Ende des Tages, wenn man sowieso schon müde und erschöpft ist, und Sex nur noch zu einer Entspannungsübung vor dem Schlafen verkommt? Oder Sex zwischen zwei „wichtige“ Termine gepresst?

 

Im Tantra versucht man dieses Problem zu umgehen, indem man sich in Aufmerksamkeit, Langsamkeit, und rituellen Handlungen übt. Was jedoch nicht die Wurzel ausreißt. Auch im Tantra nehmen die Zweibeiner mit, woran sie glauben, und die Ritualisierung verkommt meist zu einer lächerlichen Komödie, in der freier Fluss und freies Spiel in Regeln und klebrige Süßigkeit gepresst werden.

 

Wodurch ich vom Leben selbst in die Essenz des Zen geschubst wurde. Alles was Zweibeiner treiben, ist Illusion. Erst wenn wir uns aus dem Treiben raus begeben, kann Wahrheit aufblühen.

 

Was glaubst du? Können wir Zweibeiner, wir spirituelle Wesen, gefangen in Affenkörpern, jemals den Raum der Ekstase zu unserem Zuhause machen, oder werden wir immer nur kurze Besucher in diesem Schloss sein, und seine Herrlichkeit in seiner Ganzheit nie wirklich erfahren?

 



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