Tragödie

Zugegeben. Das Leben auf Strafkolonie Erde ist extrem unwitzig. Allen Positive Thinking Bewegungen zum Trotz, wird das Leben nicht Müde, fiese kleine Fallen und Stolperbalken auszulegen. Da helfen auch lieb gemeinte, gewitzte Ratschläge von Wayne Dyer, Anthony Robbins oder Eckhart Tolle wenig. Es braucht keine bösartigen oder unbewussten Zweibeiner um das Spiel zu verderben. Es ist der ganz normale Wahnsinn des Lebens, der hervorragend dazu geeignet ist, einem die Mundwinkel nach unten zu biegen. Weshalb sehr viele Zweibeiner dem großzügigen Angebot des Lebens nachgeben, und ihre Mundwinkel weit, weit, weit nach unten hängen lassen.

Aber jetzt mal ganz ohne Schabernack: soooo weit nach unten?


Seit ich aus der Natur in die Stadt zurückgekehrt bin, staune ich, wie unvorstellbar mies die Städter unterwegs sind.  Da sind die ganz normalen Frusties, die irgendwie ihr Lachen verloren oder Zuhause vergessen haben, und hypnotisiert in in ihre kleinen Hypnosegeräte starren. Egal wo sie gehen, stehen oder sitzen. Da sind die latent Aggressiven und getrieben Panischen, die Rempeleien nicht abgeneigt sind, und sich danach weder umdrehen, noch entschuldigen, wie das vor hundert Jahren noch selbstverständlich war. Dann gibt es die Kaputten, die aufgrund zu vieler Termine und Verpflichtungen wie Darsteller aus „dawn of the dead“ (die alte Version) herumstolpern, und eine graue Aura von Müdigkeit und Erschöpfung tragen. Sie sind die Vorstufe der Selbstmord-kandidaten, die mit einer schwarzen Aura herum irren. Bisher, waren diese Kategorien in Städten zwar anzutreffen, aber nicht unbedingt die Regel. Nach der Corona Versuchsanordnung haben offenbar viel zu viele vergessen, ihr Leben zu reaktivieren. Dennoch sind diese Zweibeiner in der Minderheit. Es ist eine neue Kategorie dazu gekommen. Zweibeiner, die als schwarze Löcher herumgeistern. Sie sind die neue Mehrheit in den Städten. Sie haben nicht nur infektiöse Auras. Sie sind schwarze Löcher, die alles, was ihnen zu nahe kommt, tief in sich rein saugen, und wer weiß wo ausspucken, wenn überhaupt. Für mich signalisieren sie maximale Gefahr und ich gehe auf Sicherheitsabstand.


Es wäre interessant, zu wissen, warum diese Zweibeiner den Pfad in die Menschlichkeit verlassen haben. Zu anstrengend? Nicht vielversprechend genug? Opfer negativer Propaganda oder Angst-Hypnosen? Nackte Verzweiflung über die Ausweglosigkeit in der Strafkolonie Erde?


Zugegeben, Städte sind laute, hässliche Ansammlungen von Chaos, Hektik, Dreck und Lärm. Was mich einst in Städte getrieben hat, Sex, Drugs and Partys, übt nicht mehr genug Anziehungskraft aus, als dass das noch weiter als Argument eherhalten kann. Allerdings gibt es immer wieder genug junge Leute, die das Leben noch vor sich haben, und den Wahnsinn in sich aufsaugen müssen, den auch ich einst erfuhr. Mit dem Unterschied, dass vor ein paar Jahren weniger Zweibeiner herumwirbelten, und die Stimmung insgesamt amüsanter schien. Das heißt, so ganz sicher bin ich mir nicht, weil ich stets das Gefühl gehabt hatte, dass die Stadt nicht das Ende vom Lied würde. Bin ich nur empfindlicher geworden? Habe ich so viel Natur getankt, dass ich mir ganz andere Seins-Zustände vorstellen kann, und deshalb dem Wuseln und Treiben der Stadt nichts mehr abgewinnen kann? Hat die Bevölkerungsexplosion die Stadtenergien verschärft? Sind es die vielen bösen zugewanderten, räuberischen Drogendealer? Bestrahlung durch Mindcontol-Wellen? Schräge Substanzen im Trinkwasser? Was es auch sein mag: zu viele Zweibeiner nehmen die Illusionen der Stadt weit, weit zu ernst. Wer die Illusion zu ernst nimmt, läuft Gefahr, aus der persönlichen Tragödie in eine banale Komödie abzudriften. Aus einem einfachen Grund. Kein Zweibeiner ist dazu verdammt, statisch, wie ein Baum, an einem Platz zu verweilen. Egal wie schwerwiegend die Gründe sein mögen, die jemand an der Flucht in die Freiheit zu hindern scheinen, besteht die Möglichkeit weiter zu ziehen, und wenigstens temporär Licht und Abenteuer zu tanken. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch Leid, Frust, Verzweiflung und paranoider Wahnsinn nur temporär sind. Jedes Herz entscheidet für sich, wie weit und lang es in das dunkle Tal wandern will. Wie dunkel ist das Tal tatsächlich, wenn es genug von allem gibt, und der Mangel nur eine fixe Idee im Kopf ist?