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Kunst und Ego

 

Osho, die dauergrinsende, bärtige Ikone vieler Esotheoretiker, hat in seinem Leben viele, viele weise Dinge gesagt. Kein Wunder, dass er so populär war. Weniger Weise erschien mir ein Vortrag über John Lennon und das Künstlerego. Da unterstellte er jedem Künstler kurzum ein fettes Ego, und das klang auch aus seinem weisen Mund, ziemlich bewertend und verurteilend. Aber vor allem fühlte ich mich als Künstler damit diskriminiert, weil es da etwas ganz anderes gab, was mich bewegte. Nicht Eitelkeit trieb mich, zu tun was ich tat, sondern der Wunsch zu inspirieren. Gut, ich gebe zu, dass die Absicht an sich, die Idee irgendwas erreichen zu wollen, Tür und Tor für Ego und Eitelkeit öffnet. Aber meist habe ich es ganz gut geschafft, eben solche Aspekte aus meinem Leben fern zu halten. Weshalb es nicht verwundern wird, dass mir große Erfolge und Ruhm verwehrt blieben. Hatten Picasso, Dali und Warhol nicht vorgelebt, was man zu tun hatte, um in dieser Gesellschaft der Narren berühmt zu werden?

 

Um es auf den Punkt zu bringen: wer Integrität beweist und als Künstler wirklich dem Ausdruck der eigenen Träume folgt, wird von der Narren-Gesellschaft nicht für voll genommen. Wer die Regeln befolgt und ordentlich Affentheater veranstaltet, wird als eitles Ego diskriminiert. Kann man es also irgendwem irgendwie Recht machen? Natürlich nicht. Weil eine der Lieblingsbeschäftigungen des Zweibeiners das Vergleichen, Bewerten und Verurteilen ist. Gut dran sind all jene, die es irgendwie schaffen, sich daraus nichts zu machen. Ich habe allerdings nie jemand getroffen, dem oder der das gelang. Nicht ohne Drogen. Wer ausreichend Alkohol oder Heroin durchs System jagte, gewann vielleicht die nötige Distanz zum Affengeschäft der Zweibeiner, doch zu welchem Preis? Für den Preis die eigene Gesundheit zu ruinieren. Genau das scheint die Affengesellschaft herauszufordern. Integrität und Liebe zerstören, um jeden Preis. Weil integre und liebende Wesen unerwünschte Spiegel sind, die das Lügenspiel bloßlegen, und die Lügner in aller Hässlichkeit und Erbärmlichkeit nackt dastehen lassen.

 

Natürlich dürfen solche einfachen Wahrheiten nicht angesprochen oder gezeigt werden. Der Schein will gewahrt werden. Weshalb eitle Künstler gerne gefördert werden, weil sie dem Lügenbild der Gesellschaft entsprechen. Es ist ausgerechnet die eitle Arroganz, die gebraucht wird, um sich im Wettkampf der Eitelkeiten durchzusetzen, die Kunst und Künstler hässlich macht. In dem Moment, wo ein Künstler von sich glaubt, und von außen bestätigt bekommt, etwas „erreicht zu haben“, verwandeln sich Werk und Erschaffer in Exkremente.  Das System verlangt von Künstlern Dinge zu tun, die kein fühlendes oder liebendes Herz guten Gewissens bereit wäre, zu tun. Was direkt in die Metapher „die Seele dem Teufel verkaufen“ führt. Es wird vielen Künstlern nachgesagt, sie hätten genau das getan, und auch wenn ich nicht an einen Vertrag, unterzeichnet mit Blut, glaube, sehe ich Entscheidungen, die das eigene Seelenheil auf ewig vernichten.

 

Vielleicht glauben manche, „ach was soll’s, ich hab lieber ne Villa mit Pool und viele Groupies, was brauch ich ne Seele“. Da ist der Knackpunkt. Ohne die unsichtbare, ungreifbare, unerklärbare Seele, kann niemand die gewonnenen Reichtümer wirklich genießen. Der Unterschied ist ein kleiner, unscheinbarer. Ein Bild wird entweder wegen dem Namen gekauft, oder wegen dem Inhalt. Je höher der Preis eines Gemäldes ist, desto wahrscheinlich ist es, dass es null um das Bild geht, sondern um einen Namen. Etwas, das wohl jeden Künstler wutentbrannt im Grab rotieren ließe. Aber tote Künstler sind zum Schweigen verdammt. Sie erscheinen den Kunsthändlern und Kunstsammlern auch nicht als Spuk. Sie dürfen nicht mehr mitspielen - was skrupellosen Geldgeiern die Möglichkeit gibt, alles in ein Bild rein zu dichten, was ihnen in den Sinn kommt. Was nicht zwangsläufig etwas mit dem zu tun hat, was in dem Kunstwerk wirklich ausgedrückt wurde.

 

Ich habe in meinem Leben eine Handvoll zauberhafter Künstler getroffen, die es verdient hätten, berühmt, gefeiert und reich zu werden. Sie waren jedoch Osho’s grober, brutaler Verallgemeinerung zum Trotz, zu bescheiden und zu weise, um in das Spiel einzusteigen. Sie lieferten Kunst ab, die manches in den Schatten stellte, was Weltweit als Huch und Hach angepriesen wurde. Aber niemand kannte sie, und es war ihnen recht, und sie wollten, dass das so bliebe. Weil sie von den Gefahren dieses Spieles wussten.

 

Wo lässt das die stehen, die in den Medien herumgereicht werden?

 

Nirgendwo. Es sind Rauchpartikel, die vom Wind verweht werden. Es ist hübsch mitanzusehen, wie Rauch durch die Luft tanzt, ehe er spurlos verschwindet. Das ist alles.