Das Steppenwolf-Gefühl

Es ist inzwischen über 50 Jahre her, dass Hermine im Roman "Der Steppenwolf" die Tragödie ihres Lebens beschrieb. Sie erzählte Harry Haller, dass ihr als Frau auf dieser Welt drei Auswahlmöglichkeiten gewährt wurden. Sekretärin, Mutter oder Hure. 

Das ist nicht das Los der Frau allein, und es hat sich null geändert,  seit Hermann Hesse den Roman geschrieben hat. Im Gegenteil.  Internet und Kontrollwahn haben die Welt enger und begrenzter gemacht. Prüderie, Tabus,  die Zensur-Schere in fast allen Köpfen, sind zum Standard geworden,  als lebten wir in viktorianischen Zeiten.

Dabei geben sich die Internet-Hypnotisierten den Anschein von Weltgewandtheit, Spiritualität und nobler Weltrettungsgesinnung.

Es  braucht meist nur wenige Minuten und paar ehrliche Fragen, und es zeigt sich, dass dahinter angepasste Sklaverei steckt. Selbst-Definition über Leistung. Nur wer leistet, lebt. 

Gespräche drehen sich fast ausnahmslos um "das habe ich gemacht". Nach der 1000sten Wiederholung stellt sich mir die Frage: "Und? Was hast du nicht gemacht? Kannst du deinen Arsch paar Minuten still halten? Kannst Du eine Sekunde nicht denken? Kannst du Stille aushalten, sogar genießen,  ohne Krank zu werden?"

Ideen, die gerade sehr populär sind, wenn dafür teure Seminare besucht werden, und man damit auf Fakebook angeben kann. Das ist so banal, dass ich Junkies und andere Selbstmörder hoch achte. Dafür, dass sie diese Komödie für einen Hauch echter Selbstzerstörung verlassen.  

Die Banalisierung und Gleichmacherei im Internet erzeugen die Illusion,  dass wahre Individualität Geschichte sei.

Die Masse der Sklaven bestätigt das.

Es wird gefällig herumgeplänkelt. Wut ist Pfui. Aber wer heute noch wüten kann, hat einen Rest aufrechter Empörung bewahrt.

Es ist nicht leicht, Wut auszuhalten.  Aber allemal lebendiger als die spirituellen Furze, die im Namen falsch verstandener Toleranz die Luft verpesten.

Man darf nicht werten. Man soll sich mit allem Eins fühlen.

Ich bestehe darauf, zu werten, und nicht mit allem und allen eins zu sein.

Ich will Langweiler als solche beschimpfen,  und Lügnern den Rücken zukehren, auch wenn sie sich von 1000 Likes bestätigt fühlen. 

Ich habe nur mein vages Gefühl,  dass ich mehr wertschätze, als eine Horde Fakebook-Groupies, die meinen digitalen Pixelschwanz lutschen.

Scheiss auf den Anstand anonymer Langweiler. 

Oder wie der Replikant im "Blade Runner" passend sagte: "I've seen things, you people wouldn't believe".

Und solltest du wirklich glauben, ausgerechnet Du würdest dieser Bande von  Sklaven die Freiheit bringen, dann wisse, dass das vor dir viele dachten. Seit Jahrtausenden. Hörst du den Wind der Zeit gegen dich anstürmen?

Ja?

…immerhin….

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