· 

Unplug!

 

Die Sache ist so Ernst, dass ich in schamloses Gekicher verfallen möchte.

Als kleiner Junge wurde ich Zeuge, wie Computer als “die nächste, große Sache“ verkauft wurden.

Meine ersten Computererfahrungen, waren auch wirklich beeindruckend. Machten sie doch all die manuellen Prozesse, sehr viel einfacher. Wie Schreiben oder Fotoarbeiten. Auch elektronische Musik war ein großer Spaß.

 

Die ersten Jahre gab es noch eine“natürliche Begrenzung“ des Computervergnügens. Alles was am Computer gemacht wurde, blieb auch im Computer, und es war zum Beispiel sehr schwer, Musik auf einen abspielbaren Datenträger zu übertragen.

Dann kamen CDs, DVDs, und preiswerte Drucker.

Und bald kam das Internet.

 

Das auch, als „nächste große Sache“ verkauft wurde.

 

„Man könne mit der ganzen Welt in Verbindung treten“, hieß es.

Tatsächlich bot das Internet allerhand großartige Möglichkeiten – doch Menschen treffen, gehörte nicht dazu.

Nach anfänglichem Spaß in sogenannten „Foren“, wurde recht schnell deutlich, dass etwas fehlte.

Dass digitale Kommunikation nicht Mimik, Gestik, Duft, Berührung, Geschmack, und nicht mal Variationen in Ton und Licht transportieren konnten. Weshalb es unerklärliche Missverständnisse im Netz gab, die es in realer Kommunikation so nicht gab.

 

Richtig schlimm aus der Bahn geriet die Kommunikation zwischen Menschen durch Kommentarfunktionen und Emoticons. Schon als sie auftauchten, erinnerten sie mich an die Schilderungen aus George Orwells „1984“, wo Postkarten zum Ankreuzen beschrieben wurden. Weil Schreibfaulheit und Bequemlichkeit bedient werden wollte. Seit der Einführung dieses interaktiven Spielzeuges, hatten Zweibeiner immer seltener Zeit, sich hinzusetzen und ganze Sätze zu schreiben und wirklichen Austausch zu praktizieren. Man gewöhnte sich daran – aber war das gesund?

 

Jetzt, im Krönungsjahr 2020, ist nicht mehr ersichtlich, was der Nutzen vom Internet sein soll.

Es häufen sich hässliche, unmenschliche Phänomene, die nur dann akzeptabel erscheinen, wenn man noch die Lüge glaubt, das Internet wäre eine „tolle Sache“.

Wen kann man heute noch erreichen, über digitale Simulation?

Welche Informationen im Netz sind noch inspirierend, und von anderen Intentionen als Gelderwerb und Eitelkeit getrieben?

Sogar Freunde sind über digitale Medien kaum mehr erreichbar.

Also, was spricht noch dafür?

 

Oder vielmehr, was spricht dagegen?

 

Zuerst mal ist es sehr, sehr fragwürdig geworden, wen ich mit meiner wertvollen Lebensenergie füttere. Sind es Herzen, die ich kenne? Leute, die ich liebe oder auch nur mag? Und was kommt zurück?

 

Auch wurde das Internet als massive Erleichterung des Lebens dargestellt – was für einige Jahre zutraf. Doch ist das noch so? Heute muss ich im Internet zum Zirkusclown mutieren und Faxen machen, um noch bemerkt zu werden bzw., ich bin in einem unangenehmen Wettbewerb mit Zirkusclowns und Artisten – was nie meine Motivation waren.

 

Aber vor allem ist es eine Art Rohrbruch geworden, und direkt über mir bildet sich ein schwarzer, schleimiger Fleck, und stinkende, klebrige Soße sickert aus einer kranken,wertenden, diskriminierenden Welt in meinen Tempel.

 

Als Teenager habe ich TV abgeschafft, weil ich den schmutzigen Lügen und Manipulationen entkommen wollte. Heute gilt es dem Internet zu entkommen.

 

Inwieweit das noch möglich ist, wird sich zeigen – doch ich bin bereit mich abzutrennen, von der digitalen Illusion.

 

Schön war's, unterhaltsam war's.

 

Nur noch wenige Tage bis um Unplug.