Der Preis der Freiheit

In der öffentlichen Meinung rotiert eine Vorstellung von Freiheit, als wäre sie etwas, wofür man kämpfen müsse, und wofür heldenhafte Handlungen nötig wären.

 Nach Jahren des Übens, und dem Erreichen erstaunlich großer Freiheit, ist deutlicher denn je:

Es geht viel mehr um Nicht-Handeln und die Fähigkeit Loszulassen.

 

Vor allem bequeme Gewohnheiten (mit denen wir in der modernen Zivilisation groß geworden sind), verwandeln sich immer wieder in Prüfsteine, an denen der Wille zur Freiheit gemessen werden kann.

Jede noch so kleine Bequemlichkeit hat einen konkreten Preis, und das Bezahlen dieses Preises hat in sich einen Preis (der nicht auf dem Preisschild steht).

 

Die Bequemlichkeiten, an die wir Zweibeiner uns gewöhnt haben, bewegen sich ein ganzes Stück Abseits von Natürlichkeit. Kraft unseres Einfallsreichtums, haben wir der Natur einige Stachel gezogen. Strom, fließend Wasser, Gasetagenheizungen, und natürlich Autos und Flugzeuge. Das schafft Wohlbefinden im wilden Lebenswirbel. Dafür wird auch gerne die eine oder andere hohe Rechnung bezahlt.

 

Was dafür getan werden muss, um diese Rechnungen zu bezahlen, wird jedoch weniger beachtet. Dass es auf Kosten unserer Gesundheit oder unseres Friedens geht, wird in einer Art allgegenwärtiger Dauer(selbst)lüge ausgeblendet. Um der Bequemlichkeit halber, bestätigen fast alle in ihren Lügen. Die Alternative stinkt verdächtig nach „Entbehrungen“ oder „Askese“.

 

Doch was braucht ein Säugetier wirklich zum Leben?

Was wird vom Leben nicht geschenkt?

 

 Wer auf den Zug der Einfachheit aufgesprungen ist, wird bemerken, dass die Vorstellungen von Bequemlichkeit meist Prägungen sind. Gewohnheiten. Oft aus Kindheitstagen, in denen wir Surrogate der Liebe in Form von Annehmlichkeiten und Bequemlichkeitsgeschenken erhielten. Wer als Kind nicht von den Eltern im schicken Auto mit Klimaanlage rumkutschiert wurde, wird vielleicht im Erwachsenenalter keinen Grund sehen, sich ein Auto anzuschaffen.

 

Es steht außer Frage, dass Bequemlichkeiten sich gut anfühlen. Das wissen inzwischen auch die Marketingstrategen und Dienstleister. Aus Liebe wird kaum mehr jemand etwas geben. Obwohl das der eigentliche Weg wäre. Würden wir in einer selbstlosen Welt der Liebesgeschenke leben, gäbe es alle erdenklichen Annehmlichkeiten, und niemand müsste dafür irgendwas zahlen. Stattdessen wurde ein System geschaffen, das extremst aufwändig und anstrengend ist. Die, die Bequemlichkeiten anbieten, müssen dafür ihrerseits mächtigen Aufwand betreiben – den sie sich in Gold aufwiegen lassen.

 

Es geht noch einen Schritt weiter. Oftmals ist nicht mehr vorgesehen, aus diesem System aussteigen zu dürfen. Wer zum Beispiel in einer Stadt eine Mietwohnung hat, ist praktisch gezwungen, das Gesamtpaket zu kaufen. Also das, was alle anderen Mietparteien zähneknirschend oder auch glücklich gewillt sind, monatlich zu zahlen.

 

Freiheit wäre, wenn jedes Herz frei entscheiden dürfte, welche Aspekte des Lebensbausatzes es erwerben möchte. Dann würde die Genügsamkeit und Einfachheit eines jeden einzelnen Herzens entscheiden, wie frei die Freiheit wirklich sein darf. Bevor es in Abhängigkeiten getrickst wird.

 

Wer frei sein will, ist aufgefordert zu überprüfen, wie viel aufgegeben werden kann. Ohne dass Freiheit, oder das Streben danach, zur Qual würde. Eventuell besteht eine winzige Möglichkeit, dass eines Tages, wenn nur genug Herzen bereit sind, Einfachheit zu genießen, wir wieder lernen einander die Hand zu reichen, und das die eigentliche Bequemlichkeit ist, die wir tatsächlich wünschen. Genannt: Liebe.

 

(Vigor Calma, 2020)