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Wunder Rad

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Vigor Calma's 10.Rad, Italien, 2020

 

Eine der großartigsten Erfindungen der Menschheit ist das Fahrrad.

 

Das Genie, dass die Gangschaltung erfunden hat, verdient wenigstens einen Nobelpreis.

 

(Posthum zu verleihen an Paul de Vivie).

 

10 Fahrräder begleiteten meinen Lebensweg bisher. Alle betrieben mit Essen, Trinken und Luft. Unzählige Kilometer wurden damit zurückgelegt. Meine Räder waren mit mir auf Straßen in Deutschland, Holland, Österreich, Spanien, Thailand, Griechenland, und nun in Italien.(Bestimmt fallen gerade ein paar Länder duchs Sieb...) Sie transportierten nicht nur mich, sondern auch tausend kleinere und größere Dinge, und nicht selten Materie, die nicht für Fahrradtransport gedacht sind. Was dazu führte, dass alle meine Räder so gefordert waren, dass sie nach einigen Jahren komplett aufgebraucht und jede Reparatur teurer als die Anschaffung eines neuen Rades gewesen wäre.

 

In Hamburg und Berlin ersparten mir Fahrräder die frustsauren Gesichter der Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Überall ermöglichten sie mir maximale Freiheit, bei gleichzeitigem Boykott der Benzin-Mafia. Die Räder stanken nicht, verpesteten nicht die Luft, und machten so gut wie kein Geräusch – vorausgesetzt alles war gut geölt und die Gangschaltung richtig eingestellt.

 

Eine Freundin warf mir einmal vor, mir wäre nur möglich meine Fahrräder zu lieben. Da schwang eine nicht völlig ungerechtfertigte Eifersucht mit, weil meine Fahrräder mich tatsächlich mitunter sehr beschenkt haben. Das „nur“ in dem Vorwurf war allerdings etwas übertrieben.

 

Wie zuvor auf Zypern, ist nun hier in Italien ein Fahrrad unerlässlich, um vom nächsten Dorf meine Nahrungsmittel in meine Hütte in der Pampa zu transportieren. Zum ersten mal seit vielen Jahren hat mein Rad nun eine Reifengröße von 28“ statt der gewohnten 26“ meiner Mountainbikes. In der Hoffnung, damit die Hügel etwas leichter rauf und schneller runter zu kommen.

 

Und nun das Wichtigste.

 

Es gibt Herzen, die nehmen Fahrräder nicht all zu wichtig, und setzen sich auch alles was sie trägt, Hauptsache es rollt. Das ist in etwa gleichbedeutend mit der Einstellung, alles zu ficken, was nicht bei drei auf die Bäume geflüchtet ist.

 

Ein Fahrrad hat eine Seele, und idealerweise harmoniert und schwingt sie mit dem Herz, das in die Pedale steigt. Es ist sofort zu merken, wann jemand mit dem Fahrrad eine Einheit bildet.

 

Da für mich Weiß das neue Schwarz geworden ist, sollte es mein Fahrrad auch Weiß sein. Was vor ein paar Jahren noch ein rotes Tuch und ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre.

 

Das weiße Rad, das ich zuerst gesehen hatte, war leider nicht in meiner Größe erhältlich gewesen. Da flog mir ein cremefarbenes Rad zu, das nicht nur zu meinem Outfit passt, sondern auch zu den erdigen Farben Süditaliens.

Zuletzt war noch die Frage offen, ob wir zusammen auch eine gute Figur machten...

 

Ein Blick in die Spiegelung eines Schaufensters im Dorf bestätigte das. Glück gehabt. Wiedereinmal.

 

Es ist der 8.2.2020 und es weht noch ein kalter Wind über Italien. Doch der Frühling kann kommen.

 

Wir sind bereit.