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Wir sind die Guten

 Wer war dabei, als der Siegeszug der digitalen Medien und digitaler Kommunikation begann?

Wer es miterlebt hat, erinnert sich an die kleinen und großen Wunder, die aus elektronischen Zaubermaschinen gespuckt wurden. So viel wurde mit einem Tastendruck einfacher und bequemer. Es war nur zu verständlich, dass die Programmierer und Erfinder elektronisch digitaler Innovationen zu Stars wurden.

 

Damals fragte niemand, wofür sie eigentlich gefeiert wurden.

 

Wenn irgendwer ein schickes, buntes Programm, in ansprechenden Farben, entwarf, war das für viele Grund genug aus dem Häuschen zu geraten. Je schneller die Computer rechneten, desto fantastischer wurden die Einfälle der Programmierer und Hardware-Hersteller. Wer solche tollen Sachen erfand, musste zwangsläufig auch toll sein. Und wie befriedigend es doch war, wenn man irgendwo drauf drückte, und dann meist recht direkt eine Reaktion zu beobachten war. Das war fast sexuell.

 

So machten sich viele digitale Magier zu Projektionsflächen für wilde Glaubensideen. Firmengründer wurden zu Gurus, und Produktvorstellungen zu Performances und Partys. Manchmal sogar zu gemeinschaftlichen Gottesdiensten, und das goldene Kalb, um das diesmal getanzt wurde, war ein neuer Touchscreen oder ein belämmertes Telefon. Ein Telefon!

Die Firmengründer-Gurus wurden als Quasi-Erleuchtet gefeiert, und wenn irgendwer eine positive Botschaft veröffentlichte, wurde das wie ein neues Kapitel in der Bibel verbreitet.

 

War das alles nur Konsumentengläubigkeit, oder steckte dahinter bereits ein System?

 

Nur ein paar Smartphones später, hielten die großen Internet-, Telekommunikations-, und Computerfirmen Macht inne, von der Politiker nur träumen konnten. Weiterhin schmückten sich die Bosse der Computerfirmen mit Weltverbesserungs-Kalendersprüchen, während ihre Erfindungen und Systeme konstant enger und einengender wurden. Im Namen der Sicherheit, natürlich.

 

Während das Fußvolk hypnotisiert auf Tasten und virtuelle Knöpfe drückte, und ekstatisch weggeschossen wurde, von all den bunten Effekten, häuften die Erfinder der digitalen Drogen, mehr und mehr Reichtum und Macht an. Beinahe unbemerkt von den Massen.

 

Inzwischen ist Schluss mit freier Wahl und grenzenlosem Internet.

 

Es wird zensiert, manipuliert und diktiert, wie es George Orwell niemals für möglich gehalten hätte. Die totale Unterdrückung ist allgegenwärtig, und es gibt kaum mehr eine Möglichkeit dem zu entkommen. Außer wenn ein Firmengründer vor Gericht zitiert wird. Auch das, von den Massen weitgehend unbemerkt. Dann kann man den Milliardär-Computernerd bestaunen, wie er in grenzenlosem Unverständnis (?) allen Fragen ausweicht, und nicht versteht, was die Gesetzeshüter von ihm wollen. „Ich? Ich mach doch nichts? Ich will doch bloß das Beste für die Menschen.“

 

Ist das so?

 

Es gibt Stimmen, die dringend fordern, dass die Macht der neuen Herrscher begrenzt und genauestens beobachtet wird. Wie realistisch ist das noch? Die ganze Menschheit hat freiwillig und eitel Informationen Preis gegeben, für die in den 80ern noch Mutige auf die Straße gegangen sind, und gegen Überwachung demonstriert haben. Heute haben auch links- und rechstradikale Minderheiten ihren Internetzugang und spielen artig mit. Niemand bemerkt den Widerspruch zwischen Freiheit und den subtilen Registrierungspflichten in der digitalen Diktatur. Was heute in der digitalen Diktatur eingefordert wird, würde freiwillig niemand dem Staat verraten. Wie das möglich ist?

 

Weil da der treu-naive Glaube in vielen Hirnen festsitzt, die Computerfreaks wären „die Guten“.

 

Warum eigentlich? Weil uns Zuckerberg, Gates und Jobs so tolle Spielzeuge geschenkt haben? Deshalb sind sie über Kritik erhaben?

Deshalb sind sie nicht für Machtmissbrauch und Manipulation anfällig?

Deshalb dürfen sie Dinge tun, die außerhalb aller Gesetzlichkeiten und Rechtssysteme stattfinden? Sie sind die Guten, weil sie sagen, sie wären die Guten?

Und weil sie sich brav bieder spießig kleiden?

 

Wenn irgendwer das wiedereinmal denken will, dann bitte kurz inne halten und Prüfmodus aktivieren. Ist das wirklich so?

Worauf sind Ideen aufgebaut, dass die Computerfreaks die Guten wären?

 

Haben sie irgendwelche Friedensnobelpreise gesammelt, weil sie mit Blut, Schweiß und Tränen für das Wohl der Schwächsten gekämpft haben? Und der Nobelpreis für Frieden, nunja, der ist doch inzwischen auch etwas entkräftet, wenn ein ehemaliger Feudalherrscher wie der Dalai Lama, oder ein nicht ganz so sauberer US-Präsident mit dem Titel behängt wurden...

 

Oder sind die Computerfreak-Herrscher gefährlicher als Crackdealer auf Crystal? Ja, Computer haben vieles geändert. Zum Guten? Das will erst noch bewiesen werden. Nach einer kunterbunt ekstatischen Geburt, durchwandert die Menschheit mit Smartphones in den Händen ein finsteres Tal. Die Dunkelheit, die überall zu spüren ist, die subtile und oft aufdringliche Paranoia war schon mal weniger. Wer glaubt, in den Händen von „den Guten“ zu sein, frage sich einmal, wie es kommt, dass die Angst trotz moderner Technik nicht weniger wird.

 

Und wer noch ein bisschen Energie übrig hat, frage einmal, wem wir eigentlich ganz selbstverständlich unsere Daten, unser gesamtes Intimleben anvertrauen. Ich schreibe hier auf einem Computer, auf dem ein System installiert ist, von dem ich nicht weiß, wie es funktioniert, und was es im verborgenen macht. Was mir allerdings stark zu denken gibt, ist, dass dieses System indirekt ein Wesen füttert, das ich gerne entmachtet und enteignet sähe. So wenig Mark Zuckerberg zu den „Guten“ gehört, so wenig besitzt Bill Gates ausreichend emotionale Reife, als dass ich ihm auch nur einen weiteren Cent zukommen lassen will. Was noch entscheidender ist:

Ich vertraue seinen Produkten nicht weiter als ich spucken kann.

 

Jahre über Jahre haben Herzen überall auf der Erde gewarnt. Überlegt, wem Daten anvertraut werden. Und kaum jemand sah einen Grund groß darüber nachzudenken, denn die Politiker waren die Bösen, und die Computernerds waren die Guten. Die, die die Welt retten würden. Wer hätte sich jemals ausmalen können, dass ein Nerd von Weltrettungswahn befallen werden könnte? Ein Nerd, der ganz nebenbei hohe Aktienanteile von hunderten bedeutenden Firmen und Organisationen der ganzen Welt sein Eigen nennt.

 

Ich wurde noch damit gefüttert, als Kind und Teenager, dass Adolf Hitler der mächtigste Mann der Welt war, weil er Länder erobert hatte. Bill Gates hat heute weit, weil mehr Macht, als Hitler jemals, und tut noch immer so, als wäre er ein „Menschenfreund“. Denkt irgendwer daran, dass diese Milliardäre Marketingstrategen kaufen können, gegen die Goebbels ein unbeholfener Anfänger war? Dass die digitalen Superhelden jedes Image von sich verkaufen können, das ihnen gerade passt?

 

Ist es da wirklich noch egal, dass alles, was in irgendeinem Microsoft-Computer 

landet, direkt via Internet in einem geheimen Datenspeicher landen könnte? Klar, das ist ein paranoider Gedanke. Wenn man darauf vertraut, er wäre einer „der Guten“. Eventuell hatte er nur irre gute Marketingstrategen. Und eventuell werden die geheimsten Geheimnisse einem Einzelnen anvertraut, der sie einzig für seine egozentrischen Zwecke zu missbrauchen weiß. Und wie entmachtet man ein Ungeheuer, dessen Tentakel in die verborgensten Winkel der Erde reichen?

 

Wir alle haben Monster geschaffen. Ohne Steuerpflicht und Gewaltandrohung! Mit unseren Bequemlichkeiten und Wünschen, die möglichst schnell befriedigt werden sollten.

 

Nicht nur Gates und Zuckerberg.

Doch sie sind heute eine Gefahr, die weit erschreckender ist, als alles, was uns über die letzten 20 Jahre als Feindbilder verkauft wurde.

 

Und bitte, bitte, bitte, glaubt mir nicht. Überprüft es. Findet selbst heraus, wie tief die Lüge greift. Oder griff. Denn die vermeintlich „Guten“, haben bereits verloren.