Was ist das Internet für ein fragwürdiges Konstrukt geworden. War es das vielleicht schon immer, und ich habe es nur nicht gefühlt? Vor inzwischen über 20 Jahren, als noch viele Versprechen und der Reiz des Neuen im Raum standen.
Heute ist Internet wie ein Schlag ins Gesicht. Was da an biederer, spieẞiger Kleinbürgermoral, Klugscheißerei, Rechthaberei, Zensur, Wertung, Verurteilung, Erfolgsdruck, Hierarchie, Hass, Wichtigtuerei, Eitelkeit, Eitelkeit und Eitelkeit aus dem Bildschirm trieft, lässt Gülle wie Honig erscheinen.
Liegt das daran, dass die Programmierer das Internet cleveren Algorithmen überlassen haben?
Oder dass die Programmierer unreife, asoziale, lebensfremde, verletzte Kinder geblieben sind?Die zu unrecht wie Helden gefeiert werden, und maßlos überbezahlt sind?
Ist es wieder einmal nur das Geld, das alle noblen Ideen in Geschäftskonzepte verwandelt, mit denen Konsumenten das Geld aus der Tasche gezogen werden soll? Mit Angeboten, die bei genauer Betrachtung kein Mensch braucht?
Oder ist es die Anonymität, die Herzen dazu einlädt, das Internet zur Kanalisation unbearbeiteter Schmerzexkremente zu machen?
Nie zuvor hat ein Medium so zur Gleichmacherei eingeladen, wie der Computer- oder Handymonitor. Alles wird in neutralen, zweidimensionalen Pixelschutt verwandelt. Egal wie viel Liebe ein lebendes Herz in etwas gegeben hat - im Zuge totaler Flachmacherei wird alles banalisiert. Damit meine ich nicht nur die minimalisierte Aufmerksamkeitsspanne der Scroll-Sklaven. Sogar die Wenigen, die noch zu Aufmerksamkeit fähig sind, werden selten mehr als eine Mikroportion dessen erfassen, was in einem Original zu finden ist. Es spielt keine Rolle, ob es sich um die fotografierte Realität, ein Gemälde, eine Person, einen Ort, einen Klang oder eine Landschaft handelt. Dem dämlichen, seelenlosen Computer ist alles gleich. Nullen und Einsen.
Dazu kommt, dass die totale Verfügbarkeit alles zusätzlich banalisiert.
Ist es wirklich erstrebenswert, dass alles verfügbar ist? Jedes Buch, jeder Film, jeder Song, jede Person. Alles via Suchmaschine in Sekunden abrufbar. Wären das Diamanten, wären sie komplett wertlos. Weil der Markt überschwemmt ist.
Wurde nicht bislang der Wert von Dingen daran gemessen, wie selten etwas war? Bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Überflutung mit Bildern, Klängen, und Worten, eine massive Abwertung zur Folge hat?
Geht es nur mir so, dass ich entmutigt und frustriert werde, wenn ich einmal etwas interessantes gefunden habe, und dann bemerke, dass ein Urheber einer Sache, diese Sache tausendfach dupliziert hat? Oder dass, sobald jemand mit einer Sache Beachtung erheischt hat, diese Kuh zu Tode melkt?
Erinnert sich noch jemand, welche Bedeutung ein Buch haben konnte, wenn es schwer zu bekommen war, und wie glücklich man war, wenn man es dann endlich in Händen hielt?
Dieses Gefühl ist nicht nur abhanden gekommen. Es wurde in einer Flut von Verfügbarkeit erstickt.
Der totale Zugriff auf alles, hat nicht unbedingt zur Folge, dass Wertschätzung und Achtung gewachsen sind. Es scheint in der Natur der Reizüberflutung zu liegen, dass die Dinge anders abgeordnet werden. Was zur Folge hat, dass die Internetgeneration eine anonyme Masse von Wissens- und Konsumidioten geworden ist. Ein Teen heute weiß absolut alles - ohne eine minimale Portion Gefühlsbindung zu irgendwas oder irgendwen aufzubauen.
Als wäre das nicht genug Schrecken für einen Text, ist da noch das Phänomen des kreativen Diebstahls, beziehungsweise der Synchronizitäten. Erreicht ein Avatar eine gewisse digitale Aufmerksamkeit, folgen fast Augenblicklich tausende andere, die das Gleiche oder Ähnliches abliefern. Es war seit jeher so, dass Ideen gestohlen wurden, und Erfolge schamlos kopiert wurden - doch nie zuvor in einem solchen Ausmaß und so vllokommen enthemmt. Wodurch das Gefühl der Beliebigkeit entsteht. Zumal in der modernen Copy-Paste-Gesellschaft niemand mehr genau wissen kann, ob jemand wirklich meint, was er/sie ins Internet stellt, oder es nur kopiert hat, um mit Likes die eigene Eitelkeit zu pudern. Was wiederum etwas mit den Werten macht. Einem altmodischen Begriff, den man nicht mehr benutzen darf, ohne schräg angesehen zu werden. Wer braucht noch Werte in einem Universum totaler Verfügbarkeit?
Das Internet ist insofern eine gigantische Illusionsblase, weil wirkliche Kommunikation, realer Austausch nicht stattfindet und nicht stattfinden kann. Zu viele Sinne sind ausgeblendet, und Zeit will sich auch kaum mehr jemand nehmen. Stattdessen ist es ein Werkzeug geworden, die Illusion der eigenen Wichtigkeit und Großartigkeit zu füttern. All jene Aspekte, die im realen Leben und wirklichen Miteinander, zwischen lebenden Herzen dazu führen würden, sich von egozentrischen, eitlen Angebern abzuwenden, werden im Internet gefördert und sogar erwartet. "Schau, was ich kann! Wer ich bin! Wie toll ich bin! Ws ich alles weiß!"
Die wertfreien Algorithmen erwarten von den Avataren Einsatz bis zur Aufopferung. Sie belohnen nicht Inhalte, nicht Substanz, nicht Intelligenz, nicht Gefühl, nichtmal Können oder Begabung. Sie fördern all jene, die sich bereit erklären, sich zu Sklaven der großen Internet-Maschinerie zu machen. Eine Maschinerie, die den Einsatz der Sklaven niemals angemessen bezahlt, aber gigantische Gewinne einfährt. Mit fatalen Folgen.
Überall auf der Welt sitzen Wesen, die ich nie kennenlernen werde, hinter ihren Computern und Handys und erzeugen Illusionen von sich und der Welt. Mit dem Wunsch nach Aufmerksamkeit oder noch banaler, um etwas Geld zu verdienen. Selbst wenn zwei, drei Herzen etwas anderes bezwecken sollten, werden sie in den Sumpf der Banalität gezogen. Die Übermacht der Banalität ist längst viel, viel zu groß geworden.
Oh, wie passend kam da Corona. Das perfekte Begleitprogramm für die banalisierte, digitale Entmenschlichung. So passend, dass sich mir die Frage aufdrängt, ob Corona eine digitale Erfindung künstlicher Non-Intelligenz war, um die angehende Menschheit in ihrem Sud aus Banalität zu ersäufen.
Lasst uns reale Freundschaften Ehren.
Lasst uns vergangene Freundschaften begraben. Statt aus ihnen Zombies zu machen.
Lasst uns die Erfahrungen in unseren Herzen bewahren, statt sie durch digitalisierte Bilder banalisiert in den Sumpf zu werfen.
Lasst uns die Erfahrungen in heilig-heiteren Momenten in Geschichten teilen, wenn wir real zusammenkommen und uns Aufmerksamkeit mit allen Sinnen schenken. Gegenseitig. In Wechselwirkung. In Real-Zeit.
Lasst uns im Zweifelsfall zu nostalgischen Verklärungen zurückkehren, statt digitale Konserven in die Welt zu kotzen. Erinnerungen sind in unseren Herzen. Es ist gut wenn Dinge auch vergessen werden. Es ist gut, wenn Dinge verloren gehen.
Lasst uns aufhören die digitale Banalität zu füttern, und stattdessen auf die natürliche Essenz unserer Existenz besinnen.
Wenn nicht alle unsere Sinne stimmuliert werden, was macht dann überhaupt Sinn?
Digitale Illusionen sind die gefährlichste Droge, die jemals über die Herzen walzte.
Unplug!
Bevor es zu spät ist, und wir zur organischen Copy digital banaler Zweidimensionalität werden. Sofern wir das nicht längst schon geworden sind.