Das Staunen

 

Kaum ein Aspekt meines Lebens lässt mich mehr Staunen, als das Wegfallen bestimmter Spiele (Dramen) mit Zweibeinern. Jetzt, da auch hier auf Zypern der Winter angekommen ist, die Tage kürzer geworden sind, und die Zeiten der inneren Einkehr noch tiefer als ohnehin, staune ich, dass ich selbst jetzt nichts vermisse.

 

Nichts von all dem, was jahrelang so hohen Stellenwert in meinem Leben hatte, und nichts von dem, was man ständig in mich gedrückt hatte, was „man(n) haben müsste“. Ganz davon abgesehen, dass man Freundschaft, Partnerschaft, oder Liebe nicht „haben“ kann, muss ich doch mal klar meine Dankbarkeit für den Segen aussprechen, den ich gerade erfahre.

 

Das Leben hält natürlich auch so, auch ohne Beziehungsdramen, mehr als genug Herausforderungen bereit. Das Leben ist Herausforderung. Ideale von Zusammenleben, die scheinbar vor allem AllEinSein-Vermeidung waren, hatten einen weit höheren Preis, als die Freude, die ich im AllEinSein erfahre.

 

Aus meinem AllEinSein heraus, sehe ich deutlicher als je zuvor, dass Zweibeiner als solche, wundervolle, geistvolle, und liebesbereite Wesen sind. Was nur leider selten irgendwohin führt, weil sie sich gegenseitig so in ihren Verstrickungen fördern, dass für bedeutsame Dinge, entweder keine Zeit bleibt, oder die Verstrickungen so viel Raum einnehmen, dass für Einfachheit kein Platz mehr ist. Das erklärt ein Stück weit das Lärm-Phänomen. Damit inmitten der Vollheit und Überfüllung der Zweibeiner noch etwas wahrgenommen werden kann, muss es sehr laut sein. Damit ist nicht nur akustischer Lärm gemeint, sondern alle Schwingungen, die gemacht werden, um Grenzen zu überwinden.

 

Dieses Phänomen macht nicht beim Entertainment halt, wo alles irre bunt, irre groß, mächtig, teuer, beeindruckend, oder eben laut sein muss, damit es überhaupt noch Beachtung findet. Der Wettkampf um Aufmerksamkeit wird in der modernen Gesellschaft bis in Freundschaften und in die Betten getragen. Was Druck erzeugt, und dieser Druck wiederum erzeugt Körperphänomene, die von Zweibeinern lapidar „Krankheiten“ genannt werden. Es wäre wirklich zu viel verlangt, in den Spiegel zu sehen, und sich der eigenen Handlungen, Verstrickungen, und den Folgen daraus bewusst zu werden. Dass das, was „Krankheiten“ genannt wird, nicht aus dem Himmel plumpst, sondern Körpergeschenke sind, um Denkanstöße zu geben, und Abkehr von der Handlungsroutine zu erzeugen. Es gibt inzwischen einige Leute, die das sehen können, und Krankheiten als Reinigungsprozesse annehmen. Die Masse der Zweibeiner spielt weiter das Spiel der gegenseitigen Beschwichtigung.

 

Gerne werden Geld oder Zeit als Ausreden vorgeschoben, um den Blick in den Spiegel zu vermeiden. Doch Beides sind Gedankenkonstrukte. So künstlich, wie fast alles, was Zweibeiner schaffen.

 

Wenn es also Ideen sind, mit denen wir uns versklaven (ließen), ist es das Loslassen dieser Ideen, was in die Freiheit führt. Geahnt hatte ich das schon vor vielen Jahren, doch es brauchte offenbar viele kleine Schritte, um mich meiner Wahrheit anzunähern. Heute sehe ich, dass viele Konflikte, die mir - wie so vielen Zweibeinern – das Leben schwer machten, aus der Unfähigkeit erwuchsen, vorbeiziehen zu lassen, was nicht von Herzen gerufen wurde. Es ist so leicht, sich etwas auf die Stärke des eigenen Willens einzubilden, und großzügig darüber hinweg zu sehen, welche Kämpfe man entfacht, um den Willen durchzusetzen. Und wozu? Aus Mangel an Vertrauen.

 

Aus meinem AllEinSein heraus, sehe ich die Hässlichkeit der Anstrengung. Höre das Ächzen und Stöhnen, wenn wegen Geld oder Zeit gekämpft wird. Es ist wie mit Flugzeugen. Es wird gern getan, als wären sie eine grandiose Erfindung. Doch um die Schwerkraft zu überwinden, muss enorme Energie und bestialischer Lärm erzeugt werden. Es fehlt der Verkehrsluftfahrt die Leichtigkeit, die den Segelfliegern oder Paraglidern eigen ist. Weil Pläne und Ziele verfolgt und erfüllt werden müssen. Genau wie beim Geld- und Zeitspiel. Je mehr Geld ich aufwenden muss, desto mehr Druck. Je mehr ich fremden Zeitvorgaben folgen muss, desto mehr Druck.

 

Aber ich höre Pflanzen nicht ächzen und stöhnen, während sie wachsen... Auch wenn sie erblühen, tun sie das mit Leichtigkeit und unbeschreiblicher Eleganz. Sie scheinen nichts zu bezwecken. Keine Sklaven eines Willens, sondern in einem Tanz mit der Natur.

 

Heute befinde ich mich am Anfang eines neuen Weges. Ich könnte das als „Lebens-Gärtner“ bezeichnen (auch wenn es dafür keinen Namen gibt und braucht). Ich bin noch ein absoluter Anfänger in dem Spiel, aber lerne täglich etwas mehr die Sprachen der Natur kennen. Sie sind entschieden anders als das, was ich hier und jetzt am Computer schreibe. Was vielleicht noch ein Restmangel an Vertrauen ist... Schreiben... Eine Angewohnheit, die ich noch nicht aufgeben mag, weil ich Worte so liebe... Vielleicht sogar Eitelkeit darüber, mir einzubilden, ich hätte etwas mitzuteilen... Doch ich habe genug Vertrauen, dass ich daran glaube, dass auch Worte von mir fallen werden, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Bis das passiert, werde ich wohl weiter schreiben, und die süße Illusion pflegen, ich könnte irgendwen mit diesen Worten erreichen...

 

Vielleicht Dich?

Vielleicht träumst Du davon, Freiheit zu finden, wie ich es einst tat.

Vielleicht bist Du über diese Worte gestolpert, um Stärkung in Deinem Glauben zu finden.

Dass es möglich ist, Freiheit auszudehnen, und Frieden zu finden, und Glück...

 

Dann lass mich Dir nur eines mit auf den Weg geben, wenn ich darf:

Selbst die weisesten Worte können nicht die Lehre ersetzen oder wiedergeben, die ich in Natur und Stille erfahre.

 

Darum nutze jede Gelegenheit für Stille in der Natur. Der Rest geschieht auf magische Weise „ganz von selbst“...